Die drei Hauptrichtungen des Buddhismus

Diese drei Richtungen des Buddhismus zeigen unterschiedliche Wege zur Erlösung auf.

 

Hinayana

Der Hinayana ist als Ur-Buddhismus anerkannt. In den Kernlehren ist der Theravada mit dem Hinayana identisch. Die Entstehungszeit des Theravada wird auf das 5./4. Jahrhundert v. Chr. in Indien datiert. Aus dieser Zeit gibt es keine schriftlichen Quellen, denn erst seit dem 2. Konzil im 4. Jahrhundert existieren in der ältesten Sprache der Quellen Pali Aufzeichnungen. Im Hinayana wird die Beendigung des Leids und der Wiedergeburt durch Aufhebung der Leid-Ursachen Gier und Unwissenheit mittels Selbstsucht und Erkenntnis erforscht und praktiziert.

 

Mahayana

Die Weisheitsschule (Prajnaparamita-Schule) Mahayana bildete sich im 1. Jahrhundert v. Chr. in Indien und verfasste die Schriften in Sanskrit. Im 2. Jahrhundert n. Chr. entwickelte sich die Madhayamaka Schule mit dem Begründer Nagajuna. Der Mahayana praktiziert das Erkennen der Leerheit der Person und Dinge, als auch die Einsicht durch Weisheit, dass diese Leere das Absolute bzw. die Erlösung ist. Die Bodhisattva Schule praktiziert die Entlastung von unheilsamen Karman durch den Heilsbeistand der Bodhisattvas.

Der Glaubensbuddhismus im 1. Jahrhundert n. Chr. in Indien und in Japan durch die Gründer Honen Shonin (1133-1212) und Shinran Shonin (1173-1265) praktiziert Glaubensvertrauen in transzendente Buddhas (besonders Amitabha), um deren Gnadenbeistand zu gewinnen und in einem Zwischenparadies wiedergeboren zu werden. Der Vijnanavada (3./4. Jahrhundert n. Chr.) in Indien mit dessen Begründern Maitrya (3./4. Jahrhundert n. Chr.), Asanga und  Vasubandhu (4. Jahrhundert n. Chr.) praktiziert durch die Erkenntnis, dass alles nur Geist ist, die Rückwendung zum reinen Geist und das Grundbewusstsein der absoluten Erlösung. Zen (6. Jahrhundert n. Chr.) mit dem Begründer Bodhidharma praktiziert das Erkennen, dass alles nur Geist ist und Erlösung durch Meditation und Koans erlangt werden kann.

Herzsutra Kaligrafie von Peter Niens

Tantrayana

Der Tantrayana umfasst die Mantrayana-Schule (2. Jahrhundert n. Chr.) und die Vajrayana-Schule, den Diamantweg, der sich im 3. Jahrhundert n. Chr. in Indien entwickelte. Der Mantrayana praktiziert die Erlösung durch Erschließung des Absoluten im eigenen Innern mittels der Mantras und der Vajrayana erschließt das Absolute im eigenen Inneren durch Keimformeln. Im Sahayana (8. Jahrhundert n. Chr.) erschließt der Sadhaka (Anwärter) das Absolute durch Aufgeben der Vielheit schaffenden Denkens. Der Yogin erschaut intuitiv das Ineinander von Samsara und Nirvana und realisiert hierdurch die Erlösung. Die Kalacakra Schule (10. Jahrhundert n. Chr.) praktiziert Erlösung durch Erkenntnis der Parallelität zwischen Mensch und Kosmos. Die mystische Einswerdung mit dem Urbuddha Kalacakra schließt alle heilswichtigen Einsichten auf.

 

 

Hinayana: der Ur-Buddhismus  

Der Hinayana ist der Ur-Buddhismus, der auf die grundsätzlichen Lehr-Reden des Siddhartha Gotama, genannt der „Buddha“ (470-390 v. Chr.), zurückgeht, über die keine geschriebenen Quellen existieren. Denn zu dieser Zeit haben nur Kaufleute Buch geführt. Es gab aber Geschichtenerzähler, die sich alles wortgenau merken konnten. Auch die Mönche merkten sich die Lehr-Reden Wort für Wort. Daher steht in den Sutras zu Beginn geschrieben: „So habe ich es gehört“. Erst im 1. Konzil trafen sich 500 Mönche und die Geschichtenerzähler, die alles in ihrem Gedächtnis abgespeichert hatten und schieben die Lehr-Reden des Buddha Siddhartha Gotama auf, wodurch der erste Kanon entstand. Es wurden nur die Lehr-Reden aufgeschrieben, wenn mehrere Mönche dasselbe berichteten, oder mehrere Mönche eine Lehr-Reden ergänzen konnten.

Siddhartha Gotama wollte seine Erkenntnis, die er durch seine Erleuchtung gewonnen hatte, erst nicht mitteilen, weil er meinte, dass es niemand verstehen würde. Die Legende besagt, dass der oberste Gott Brahma, an den die Menschen in Indien glaubten, dem Buddha erschienen ist und den Buddha gebeten hatte, seine Erkenntnis zu verkünden. Dass er erkannte, dass die Welt sowie das Ich nur so existieren, wie wir es glauben. Dass das Ich und die Welt nicht wirklich existieren, sondern nur ein Traum sind. Auf diese Bitte hin drehte der Buddha das Dharma Rad. Die Lehre zur Befreiung, die er erkannt hatte, und wie man aus diesem Traum erwachen kann. Seine Lehre wird mit einem achtspeichigen Rad dargestellt.

Der Buddha lehrte zuerst die vier edlen Wahrheiten und den achtfachen Pfad.

 

Die vier edlen Wahrheiten im Buddhismus

  1. Das Leben ist Leiden. Niemand kann immer nur glücklich, zufrieden und gesund sein. Es gibt immer Zeiten, in denen wir krank, traurig, wütend, schlecht gelaunt oder sogar verzweifelt sind.
  2. Haben wollen ist der Grund für dieses Leiden.
  3. Im Zustand der Erleuchtung hört haben wollen auf.
  4. Der edle achtfache Pfad ist der Weg, der dahin führt, dass haben wollen aufhört.

Die fünf Tugenden

  1. Nicht nehmen, was einem nicht gehört.
  2. Kein Leben nehmen, nicht aus Absicht töten. Das betrifft alle Lebewesen.
  3. Nicht verletzende Worte gebrauchen und nicht die Unwahrheit sagen.
  4. Jemandem nicht den Freund oder Freundin wegnehmen.
  5. Sich nicht dem Rausch hingeben.

Diese Lehr-Reden und Tugenden findet man immer mal etwas anders geschrieben vor. Etwas ergänzt oder für unsere Zeit verständlich geschrieben. Aber Vorsicht: Etwas, das den Buddhismus für mich ausmacht, ist, dass wir alles überprüfen. Auch die Lehr-Reden des Buddha Siddharta Gotama. Hier gilt für mich: Triffst du einen Buddha, erschlage ihn. An dieser Stelle darf man sich fragen, inwieweit das jetzt mit den Tugenden übereinstimmt. Klar ist aber, dass es nicht um das Erschlagen eines Buddhas geht, sondern darum, diese Tugenden selbst zu erforschen und nicht um feste Regeln. Schon feste Regeln, aber um das eigene Erkennen dieser. Wir können uns auch karmischen Verstrickungen bewusst werden, indem wir diese Tugenden erforschen.

 

Der achtfache Pfad

Weisheitsschulung 1 und 2. Die sittliche Schulung 3 bis 5. Die Meditationsschulung 6 bis 8.

  1. Rechte Anschauung. Das Wissen, wie die Dinge wirklich sind.
  2. Rechte Absicht. Bewusste Entscheidung, Mitgefühl und bei der Sache bleiben.
  3. Rechte Rede. Was wir sind, ist Ergebnis unseres Denkens.
  4. Rechtes Handeln. Beim Tun achtsam sein. Niemanden schädigen.
  5. Rechter Lebenserwerb. Ideal: der einem selbst und anderen zugutekommt.
  6. Rechts Bemühen. Selbstmotivation und spirituelles Leben im Alltag.
  7. Rechte Achtsamkeit. Das Denken betrachten und beobachten.
  8. Rechte Sammlung. Meditation und Klarheit im Denken.

 

Die Entwicklung des Buddhismus

Diese Lehr-Reden des Buddha Siddhartha Gotama verbinden alle Schulen miteinander und doch gibt es Unterschiede in der Praxis. Es haben sich im Laufe der Jahrhunderte unterschiedliche Schulen und Richtungen herausgebildet. Zum einen beziehen sich die unterschiedlichen Richtungen auf die unterschiedlichen Lehr-Reden, die der Buddha Siddharta Gotama gehalten hat, und zum anderen, weil ein Schüler zur Erkenntnis gelangt ist und er seine Lehren mit einbrachte.

Außerdem ging der Buddhismus in den Ländern, wo er aufgenommen wurde, mit vorhandenen Religionen und Schamanismus Synkretismus ein. In China kamen die Lehren des Tao hinzu. In Japan übernahmen die Yamabushi, die Bergasketen, Rituale mit den Heilsgestallten aus dem Buddhismus. Es gibt also überall Unterschiede und Weiterentwicklungen. Auch wenn es vor dem Buddha schon 10.000 Buddhas gab und es noch 10.000 Buddhas geben wird, beziehen sich alle Richtungen auf die Lehr-Reden des Buddha, beziehungsweise auf die Grundlagen seiner Lehre.

 

Meditiation als zentrales Element

Gemeinsam ist den Buddhisten auch die Meditation. Denn ohne Meditation sind die Lehren kaum zu verstehen. Im Buddhismus gibt es auch eine Diskussionskultur. Nachdenken ist also nichts Verkehrtes. Nur auf welcher Grundlage denken wir nach? So habe ich gehört, gelesen oder weiß ich etwas? Und wenn ich etwas weiß, was weiß ich und wo kommt dieses Wissen her? Ich möchte damit sagen, dass Meditation die Grundlage unseres Wissens ist. Es ist also notwendig, die Tasse Tee immer wieder zu leeren. Das macht uns aufgeschlossen für jeden Moment und Neues. Denn Meditation ist unsere Natur. Der Rest ist wandelbar.

Denken lässt uns die Welt wie durch eine getönte Brille betrachten. Erscheinungen in schönen Farben, aber nicht, wie es ist und was ist. Wir können die Welt denken. Nur wozu, wenn sie so ist, wie sie ist? Was wollen wir erreichen und was erzeugt unser Leiden? Ich ist Denken und das ist wandelbar. Aufgrund von Erfahrungen verändert sich das Denken, Fühlen und Handeln.

Meditation haben alle Buddhistischen Richtungen gemein. Ob nun mit offenen Augen oder mit geschlossenen Augen. Ob Atemübungen oder kontemplative Meditation. Gemeinsam haben Buddhisten auch das Streben nach Erkenntnis. Nun ist auch die Ursache dieses Strebens zu erklären. Erinnern wir uns, dass Wollen Leiden ist.

Machen Sie das Streben nach Erkenntnis zur Ursache. (Kukai, Begründer der Shingon Schule in Japan).

Bodhis reines Herz in Form eines Lotus

Quellen: Hans Wolfgang Schumann/ Buddhismus, Stifter Schule und System